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Die AußerirdischenOverlay E-Book Reader

Die Außerirdischen

Roman | Doron Rabinovici

E-Book (EPUB)
2017 Suhrkamp Verlag
Auflage: 1. Auflage
255 Seiten
ISBN: 978-3-518-73756-9

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Kurztext / Annotation

Eines Morgens wird von sämtlichen Sendern gemeldet: Eine extraterrestrische Macht hat über Nacht die Erde erobert. Nach der ersten allgemeinen Panik sickern Neuigkeiten durch: Die Außerirdischen sind sanftmütig; sie meiden scheu jeden Kontakt; sie bringen Aufschwung und Frieden. Da ist nur ein kleiner Haken - sie bitten um Menschenopfer auf freiwilliger Basis.

Überall werden Spiele ausgerichtet, um die Auserwählten zu bestimmen. Wer mitmacht, dem winken enorme finanzielle Vorteile. Sol, Mitbegründer eines Online-Magazins, ist mit einer rasch etablierten Talkshow dicht dran an den Ereignissen. Als sich aber sein junger Nachbar Elliot als Kandidat für die Spiele meldet, stellt das Sol und seine Frau Astrid auf die Probe: Wer ist mitschuldig, wer profitiert, wer begehrt auf?



Doron Rabinovici, 1961 in Tel Aviv geboren, in Wien aufgewachsen, ist Schriftsteller und Historiker. Sein Werk umfasst Kurzgeschichten, Romane und wissenschaftliche Beiträge. In Österreich hat er immer wieder prominent Position gegen Rassismus und Antisemitismus bezogen. Für sein Werk wurde er zuletzt mit dem Anton-Wildgans-Preis und dem Ehrenpreis des österreichischen Buchhandels für Toleranz in Denken und Handeln ausgezeichnet.



Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

1

Sie kamen über Nacht. Wir schliefen tief. Eng umschlungen. Der Hund des Nachbarn schlug nicht an. Der Säugling aus dem ersten Stock, der uns so oft schon aufgeschreckt hatte, blieb ruhig. Nichts war zu hören; kein Lärm, keine Schreie, keine Schüsse. Nicht das Brummen von Maschinen. Im Rückblick war das einzig Ungewöhnliche die Stille, die über uns lag. Beklemmend bis heute, heimgesucht worden zu sein, ohne irgendetwas bemerkt zu haben. Als wir aufwachten, war über uns entschieden.

Um Viertel vor sieben läutete der Wecker. Zur gewohnten Zeit, als wäre nichts geschehen, und wie an jedem Morgen war es Astrid, die als Erste munter wurde, den Alarm abstellte, aufstand, in die Küche ging, das Radio einschaltete, das Wasser laufen ließ. Das Fauchen der Espressomaschine war zu hören, während ich langsam aus dem Bett stieg. Ich ging ans Fenster und zog an der Perlenschnur, um die Lamellen der Jalousie zu wenden und das erste Tageslicht einzulassen.

Im Hintergrund die Erkennungsmelodie des Morgenjournals und dann der Sprecher, der zuerst verkündete, wie spät es war, darauf die Sendung ansagte und die Hörer begrüßte. Danach kam bereits die Meldung, die der Moderator mit fester Stimme vorbrachte, als redete er von einer Gesetzesvorlage, von einer Steuerreform oder von Unruhen in einem fernen Land, und kaum war die Neuigkeit offenbart, ging er bruchlos zu anderen Ereignissen über, aber da hatte ich bereits kurz innegehalten - ein Stutzen -, dann jedoch angenommen, wohl etwas falsch verstanden zu haben. Doch nach dem Verlesen des Nachrichtenblocks folgten die Berichte im Einzelnen, und nun war jeder Irrtum ausgeschlossen. Eine aufgekratzte Stimme voll Euphorie und Begeisterung. Was mitgeteilt wurde, war eine Sensation. Ein Augenblick von historischem Rang. Alles klang unwirklich und erinnerte fast an einen Witz. Während ich den Tisch deckte, langsamer als sonst, und zuhörte, schnitt Astrid das Brot auf, nahm die Butter und meine selbstgekochte Erdbeermarmelade aus dem Kühlschrank, aber mittendrin schüttelte sie den Kopf und lachte. Das könne nicht wahr sein, meinte sie, das müsse einer jener Streiche sein, die Journalisten ihrem Publikum zuweilen spielten. Ein Scherz. Ich legte den Zeigefinger an den Mund und bat sie, still zu sein.

Zu Panik bestehe kein Anlass, wurde im Rundfunk erklärt, niemand sei verletzt, geschweige denn getötet worden. Danach der Einstieg in eine Sondersendung. Die dramatische Streichersequenz im Stakkato. Das Motiv sollte die Ouvertüre für jede Nachricht über die Außerirdischen werden. Jene paar Takte aus dem Werk von Tschuljapjew würden uns während der nächsten Zeit begleiten.

Ich kann diese Geigenklänge seither nicht mehr hören. Das Konzert war früher eines meiner Lieblingsstücke. Jetzt schrecke ich hoch, wenn es mich irgendwo einholt. Vor der Invasion war das Opus ein Geheimtipp unter Musikbegeisterten. Jetzt will es kaum noch jemand hören. In jenen Tagen horchten jedoch alle auf, wenn es angestimmt wurde. In den Geschäften, auf Ämtern, in den Büros blieben Fernseher oder Radios eingeschaltet. Überall verstummten die Gespräche, wenn die Melodie erklang und neue Meldungen verlesen wurden.

Vom Platz vor dem Kanzleramt meldete sich ein Reporter. Die Regierung, so sagte er, werde in Kürze eine Pressekonferenz abhalten. Es gelte, Vernunft zu bewahren und von jeder Gewalt abzusehen. Das alles sei ein Scherz, erklärte Astrid. Eine Neuauflage jenes Hörspiels, mit dem einst Orson Welles sein Publikum in Panik versetzt hatte. Wer glaube noch an eine Invasion aus dem All? Damals war von Gräueln die Rede gewesen. Sie erinnere sich, so Astrid, als Jugendliche die historische Aufnahme der Sendung gehört zu haben. Das Schreien und Stöhnen der Schauspieler, das Keuchen der an Giftgas Erstickenden. Die Marsianer, habe es damals geheißen, würden alle Menschen niedermachen. Am Ende sei verkündet worden, es habe sich bloß um eine Schauergeschichte