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SchamlosOverlay E-Book Reader

Schamlos

Amina Bile; Sofia Nesrine Srour; Nancy Herz

E-Book (EPUB)
2019 Gabriel Verlag
168 Seiten; ab 12 Jahre
ISBN: 978-3-522-63065-8

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Kurztext / Annotation
Für Mädchen ab 12 Jahren. Und für alle Interessierten und Toleranten, die sich mit anderen Kulturen beschäftigen wollen. Drei junge Frauen - Muslimas, Bloggerinnen, Feministinnen - beziehen Position: Wie fühlt es sich an, ständig zwischen den Erwartungen ihrer Familien, ihrer kulturellen Identität und ihrem Selbstverständnis, als Jugendliche in einem westlichen Land zu leben, hin- und hergerissen zu sein? Sie haben Diskussionen angeregt, Tabu-Themen öffentlich gemacht und zahlreiche sehr persönliche Geschichten gesammelt. Dabei ist ein bemerkenswertes Buch entstanden, ein mutiges Buch. Dieses Buch ist ein Plädoyer für eine multikulturelle Gesellschaft!

Nancy Herz (*1996) ist Feministin, Bloggerin und Co-Autorin von 'Schamlos'. Gemeinsam mit Amina Bile und Sofia Nesrine Srour startete sie in ihrem Heimatland Norwegen eine Bewegung, die in den Medien als 'Die schamlosen Mädchen' bekannt wurde und die dem Thema 'Negative Sozialkontrolle', v.a. junge Frauen aus kulturellen Minderheiten betreffend, erstmals breite öffentliche Aufmerksamkeit verschaffte. Für ihren Einsatz für die Meinungsfreiheit wurden Herz, Bile und Srour u.a. 2017 mit dem Fritt Ord Honnør-Preis ausgezeichnet.

Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

Was wir meinen, wenn wir von sozialer Kontrolle sprechen

Sofia: Der Begriff soziale Kontrolle ist sehr vage, finde ich, mit all den kleinen und großen Kontrollmaßnahmen.

Amina: Schließlich braucht man soziale Kontrolle in einer funktionierenden Gesellschaft. Es muss nur unbedingt klar sein, dass es uns spezifisch um negative soziale Kontrolle geht, die Unkultur, sozusagen. Es ist nicht unser Anliegen, dass bei der Bezeichnung soziale Kontrolle automatisch das »negativ« mitgedacht wird.

S: Nein. Grenzen durch positive soziale Kontrolle sind okay, also alles, was gesetzlich geregelt ist, unser Rechtssystem. Wir meinen mit negativer sozialer Kontrolle, wenn die in einem bestimmten Milieu gelebten und akzeptierten Normen und ungeschriebenen Gesetze über dein Leben bestimmen, obgleich sie gegen die Menschenrechte verstoßen.

Gegen die Menschenrechte, das hier geltende Gesetz, die Kinderrechtskonvention und so weiter. Wenn es darum geht, einen Menschen daran zu hindern, sich auf eine Weise zu entwickeln, auf die jeder Mensch ein Recht hat: durch eigene Entscheidungen, Selbstbestimmung, Wahlfreiheit, Bewegungsfreiheit, alle diese Freiheiten. Das ist Freiheitsbegrenzung.

Nancy: Man wird sozusagen auf individueller Ebene kontrolliert und eingeschränkt.

S: Ich finde das eher kollektivistisch.

N: Ja, aber es trifft immer auch Einzelpersonen.

A: Stimmt.

S: Wir müssen versuchen, es genauer zu definieren, damit soziale Kontrolle ein konkreterer Begriff wird. Beispiele geben, Details.

N: Nuancierung ist auch wichtig, in diesem Buch und in der Debatte. Ich finde nämlich ... Zwangsheirat und Genitalverstümmelung sind natürlich sehr ernste und schwierige Themen, aber sie sind von außen betrachtet viel deutlicher als Unrecht zu erkennen, als die »sanfteren« Formen von Sozialkontrolle, das konstante Zurechtweisen und die ständigen Vorgaben, wie man sich zu benehmen hat, die einem das Gefühl geben, nicht man selbst sein zu dürfen. Beides ist eine Form negativer sozialer Kontrolle. Und beides kann den kaputt machen, der sie erlebt.

A: Ja, weil die kleinen mit den großen Dingen zusammenhängen! Sie alle haben das gemeinsame Ziel, dir dein Selbstbestimmungsrecht zu nehmen. Wenn dir immer wieder vorgebetet wird, wie du zu sein hast, bleibt kein Raum für dich, selber herauszufinden, wer du bist. Wenn jemand dich für eine Umerziehung an einen anderen Ort schickt, ist kein Platz für Protest.

S: Sanfter sind diese Formen der Kontrolle eigentlich nicht, nur anders, weil nicht so offensichtlich. Und oft ist die extreme Kontrolle nur die soziale Sanktionsmaßnahme für die Nichtbefolgung der anderen, sanfteren Regeln.

N: Genau!

A: Ich hab alles erlebt, von den kleinen bis zu den großen Dingen. Das, was sich in allem wiederholt, ist, dass ich als ich nicht genüge.

S: Dann wäre noch wichtig zu unterstreichen, dass wir im Großen und Ganzen von einer Form der negativen sozialen Kontrolle aus einer Ehrenperspektive reden. Die meisten Mädchen kennen die Stigmatisierung aus eigener Erfahrung, die unnatürliche Schamzuweisung. Das ist schlimm genug.

N: Mit der Ehre kommt eine ganz neue Dimension dazu.

S: Der Ehrenkodex ist noch viel systematischer, komplexer und kulturell. Du trägst Ehre in dir, und wenn du Schande über diese Ehre bringst ... dann geht es nicht mehr nur um deine Ehre, sondern um die Familienehre, du ziehst schlicht und ergreifend die ganze Familie in den Dreck. Wegen einer in ihren Augen falschen Wahl, die du getroffen oder weil du etwas Verbotenes getan