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Das Ende der EvolutionOverlay E-Book Reader

Das Ende der Evolution

Der Mensch und die Vernichtung der Arten | Matthias Glaubrecht

E-Book (EPUB)
2019 C. Bertelsmann Verlag
1072 Seiten
ISBN: 978-3-641-18339-4

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Kurztext / Annotation
Von einem der bekanntesten deutschen Evolutionsbiologen
Der Klimawandel ist endlich in aller Munde. Doch so alarmierende Ausmaße er auch angenommen hat - er ist nur Nebenschauplatz angesichts der apokalyptischen Reiter, die in einem Akt der Verwüstung gegenwärtig über die Erde ziehen: Bevölkerungsexplosion, Ressourcenverknappung, Umweltzerstörung und Artensterben.

In seiner ebenso umfassenden wie beklemmenden Analyse sieht der renommierte Evolutionsbiologe Matthias Glaubrecht mit dem sich abzeichnenden Massenexitus, dem größten Artenschwund seit dem Aussterben der Dinosaurier, eine weltweite biologische Tragödie auf uns zukommen. Der Mensch ist heute so zum größten Raubtier und zum entscheidenden Evolutionsfaktor mutiert, der die Existenz aller Lebewesen - auch seine eigene - gefährdet.

Ob das Ende der Evolution, das spätestens ab Mitte des 21. Jahrhunderts ein realistisches Szenario zu werden droht, noch aufzuhalten sein wird, darüber wird allein unser Tun in den unmittelbar vor uns liegenden Jahrzehnten entscheiden.

Der Evolutionsbiologe und Biosystematiker Matthias Glaubrecht, Jahrgang 1962, ist Professor für Biodiversität der Tiere an der Universität Hamburg und wissenschaftlicher Leiter des Projekts Neues Naturkundemuseum Hamburg (Evolutioneum) am Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels. Er war zuvor Gründungsdirektor des ehemaligen Centrums für Naturkunde der Universität Hamburg und Leiter der Abteilung Forschung am Museum für Naturkunde Berlin. Glaubrecht schreibt regelmäßig für Zeitungen und Zeitschriften wie »Die Zeit«, »Die Welt« und »Frankfurter Allgemeine Zeitung«, war an TV-Produktionen beteiligt und hat mehrere Bücher veröffentlicht, darunter »Das Ende der Evolution. Der Mensch und die Vernichtung der Arten« (2019). Für seine Arbeit wurde er 1996 mit dem Werner und Inge Grüter-Preis für Wissenschaftsvermittlung ausgezeichnet, 2023 erhält er den renommierten Sigmund-Freud-Preis für wissenschaftliche Prosa.



Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

Earthrise

An Heiligabend des Jahres 1968 macht der Astronaut William Anders in der Raumkapsel der Apollo-8-Mission in 780 Kilometer Höhe über dem Mond eine glückliche, wenngleich zufällige und im Flugprogramm keineswegs vorgesehene Entdeckung. Bereits dreimal während des ersten bemannten Fluges zum Mond hat die Apollo-Kapsel den Erdtrabanten umkreist. Um Fotos von seiner Oberfläche zu machen, ist die Spitze des Raumschiffs stets zu ihr ausgerichtet. Als die Astronauten dann die Apollo-Kapsel um ihre Längsachse rotieren lassen, sehen sie plötzlich im Seitenfenster, wie die Erde als kleine, blaue Kugel, noch halb im Schatten liegend, knapp über dem Horizont des grauen Mondes auftaucht. William Anders nimmt eine Hasselblad-Kamera und macht eine historische Aufnahme.

»Earthrise«, so der Titel des legendären NASA-Bilds, der Aufgang der Erde vom Mond aus gesehen, ist die vielleicht einflussreichste Umweltfotographie, die jemals gemacht wurde. Von der US-Raumfahrtbehörde unter der profanen Nummer »AS08-14-2383« veröffentlicht, hat sie erstmals die Sicht der Menschheit auf ihren Heimatplaneten verändert. Die Erde mit ihren Ozeanen wirkt wie eine blaue Murmel; unter den weißen Wolkenwirbeln sind die Kontinente kaum zu erkennen. Wie sie da im schwarzen Weltall über der Oberfläche des Mondes schwebt, wird das Foto zum Symbol für die Isolation der Erde und zugleich ihrer Fragilität. »Wir flogen hin, um den Mond zu entdecken. Aber was wir wirklich entdeckt haben, ist die Erde«, wird William Anders später in einem Interview sagen.2

Nachfolgende Raumfahrtmissionen liefern weitere Bilder ganz ähnlicher Art. Das bekannteste ist »Blue Marble«, von dem Geologen Harrison Schmitt während des Fluges von Apollo 17 zum Mond im Dezember 1972 aus einer Entfernung von 45 000 Kilometern aufgenommen und offiziell unter der Nummer »AS17-148-22727« geführt. Von der zu dieser Zeit aufkommenden Umweltschutzbewegung auf Postern, Fahnen und T-Shirts populär gemacht, zeigt es vor dem weiten Schwarz des Weltalls den scheinbar strahlenden, von der Sonne voll erleuchteten Erdball. Diesmal sieht man, aus leicht auf die Südhalbkugel gekippter Perspektive, von Ozeanen umgeben die Umrisse des afrikanischen Kontinents samt Arabischer Halbinsel; am nordöstlichen Horizont das asiatische Festland, die Insel Madagaskar im Bildmittelpunkt und darunter der unter Wolkenwirbeln verschwindende Südpol. Die Erde als blaue Murmel auf schwarzem Samt - ein gleichsam zeitloser Anblick.

Als Kreis in einem Quadrat gedeutet, transportiert dieses Bild unserer Welt für einige Kunsthistoriker eine bemerkenswerte Harmonie. Zugleich sehen sie darin eines der einflussreichsten Bilder der Geschichte, in jedem Fall eine »veritable Ikone des 20. Jahrhunderts«, und nehmen seine Aufnahme als welthistorisches Ereignis.3 Sie deuten die »blaue Murmel« als Weltbild und bringen eine Kaskade von Assoziationen ins Spiel, darunter die Globalisierung (obgleich doch nur eine Seite der Erde zu sehen ist) und das Fehlen alles Menschlichen, weil aus dieser Distanz Städte und Staatsgrenzen nicht mehr zu erkennen sind (aber zugleich den Umstand negierend, dass nur dank der Errungenschaften des Menschen diese Fotographie überhaupt aufgenommen wurde). Unmittelbar nachvollziehbar ist da eher der Eindruck jener Raumfahrer, denen sich dieser Anblick unserer Erde erstmals bot. »Die Welt lag ausgebreitet unter uns, doch wie verletzlich sah sie aus!«4

Neben dieser Verletzbarkeit versinnbildlicht der Anblick der Erde aus dem All zugleich die Einzigartigkeit unseres Planeten und konnte so Ausdruck eines neuen globalen Bewusstseins werden. Nicht zuletzt weisen »Earthrise« und »Blue Marble« bis heute die revolutionär neue Perspektive aus, bei der der Mensch nicht mehr zum Himmel hinaufschaut, sondern erstmals aus dem All herab. Beide Aufnahmen sind somit auch