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Die Krone der ElementeOverlay E-Book Reader

Die Krone der Elemente

Roman | Matthias Oden

E-Book (EPUB)
2018 Heyne Verlag
736 Seiten
ISBN: 978-3-641-22815-6

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Kurztext / Annotation
Der Kaiser des ausgedehnten Salenreiches ist alt und wurde schon seit Wochen nicht mehr gesehen. Das Gerücht, er läge im Sterben, verbreitet sich unter den Landesfürsten, die nach mehr Einfluss am Hof streben. Gleichzeitig schürt eine junge Heerführerin den Grenzkonflikt im Westen zwischen Kaiserreich und benachbartem Herzogtum. Niemand ahnt, dass sie in Besitz eines sagenumwobenen Artefakts gelangt ist, mit dessen magischen Kräften sie Natur und Menschen gleichermaßen zu unterwerfen vermag: der Krone der Elemente. Schon bald setzt sie die Macht der Krone rücksichtslos ein, und ein gewaltiger Krieg entbrennt. Ein Krieg, der das Schicksal aller Menschen und das Antlitz der Welt für immer verändern wird ...

Matthias Oden hat Geschichte, Politikwissenschaft und Ethnologie studiert. Er war als Chefredakteur von mehreren Wirtschaftsmedien tätig sowie als Berater für Markenkommunikation. Für seine Arbeiten wurde er mehrfach ausgezeichnet. Sein Debütroman »Junktown« eregte bereits Aufsehen und war für den Deutschen Science-Fiction-Preis nominiert. Mit »Die Krone der Elemente« und »Der Krieg der Elemente« hat er sein großes Fantasy-Epos vorgelegt. Matthias Oden lebt mit seiner Familie in München.

Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

Winter

Seit er wusste, dass sie ihn töten würden, träumte er vom Sommer. Es war immer derselbe Traum. Marwult durchlebte noch einmal die Reise, zu der er und sein Erster Reiter Einarc vor fünf Monaten aufgebrochen waren. Von Streitheim aus ging es nach Norden, immer den Tern entlang und dann hinein in den Schwarztann. Schon einmal hatten sie dorthin ihre Pferde gelenkt, vor sieben oder acht Jahren, aber sie waren nur durch die Randgebiete des Walds gereist. Dieses Mal ging es tief hinein. Der Traum folgte ihrer Reise, setzte seine Erinnerungen an jene Wochen fließend aneinander und arrangierte sie neu. Er baute aus den Bildern etwas, das noch immer vertraut war, aber eine zusätzliche, märchenhaftere Dimension bekam. Der Schwarztann war die abgeschiedenste Gegend seiner gesamten Mark, ein Gebiet, das einen großen Teil von ihr bedeckte, aber nur spärlich besiedelt war. Die wenigen verschlungenen Wege, die es in ihm gab, führten zu entlegenen Ortschaften, die ein eigenbrötlerischer Schlag Menschen bewohnte, wortkarg und misstrauisch gegenüber Fremden und vor allem daran gewöhnt, von der Welt da draußen in Ruhe gelassen zu werden. Nicht wenige der Pfade endeten im Nichts, verliefen sich und zwangen sie zur Umkehr, wenn der Wald zu dicht wurde, um sich einen eigenen Weg zu suchen. Oft mussten sie absitzen und die Pferde hinter sich führen. Auf ihrer Reise kamen sie an einsamen Gehöften und Meilern vorbei, die plötzlich unter den Tannen auftauchten und ebenso schnell wieder verschwanden, an kleinen Erdschreinen, auf denen frische Votivgaben lagen, obwohl niemand in der Nähe zu sein schien, und an halb wieder zugewucherten Lichtungen, die einmal Siedlungen gewesen, aber aus wer weiß welchen Gründen aufgegeben worden waren. Einmal im Jahr unternahm er eine Reise durch seine Mark, um Land und Leute auf eine Art kennenzulernen, die vom Grafenthron aus nicht möglich war. Viel hatte er so gelernt in den vergangenen drei Jahrzehnten, doch keine seiner Fahrten war von solch fremdartiger Schönheit gewesen wie diese letzte.

Der Traum machte aus ihr ein Kaleidoskop aus Grün und Braun und Schwarz und Licht, in dem eine Szene auftauchte, um langsam in eine andere hinüberzugleiten, manchmal mehr Stimmung als Bild. Immer weiter drangen sie in den Schwarztann vor, bis sie schließlich auch die letzten Zeugnisse menschlicher Anwesenheit hinter sich ließen und Gebiete des Walds betraten, in denen seit Jahrhunderten niemand mehr gewesen war. Weiß leuchtende Schmetterlinge tanzten flatternd zwischen den Stämmen; Wildkatzen sonnten sich auf umgestürzten Baumriesen und blinzelten ihnen träge hinterher, Rotwild sah bei ihrem Anblick zwar verwundert, aber ohne Scheu vom Äsen auf. Der Schwarztann war ein wundersamer Ort, und je tiefer sie in ihn eintauchten, desto mehr verloren sie sich in seinem von der Zeit vergessenen Zauber. Galt das schon für den echten, so zog ihn der Schwarztann seines Traums noch in einen ungleich stärkeren Bann. Er wusste, dass er träumte, aber das änderte nichts daran, dass er voll Ehrfurcht die Wunder bestaunte, die ihm der Wald offenbarte. Er wusste auch, wie der Traum enden würde, aber es spielte keine Rolle, weil Zeit bedeutungslos war. Hier gab es nur einen ewigen Spätsommernachmittag, an dem der Blütenstaub reglos und golden in der Luft hing. Und still war es. Ab und an hörten sie einen Specht hämmern oder einen Kauz rufen, raschelte das Unterholz, wenn ein Dachs ihren Weg kreuzte oder ein Fuchs. Aber von diesen wenigen Momenten abgesehen blieb der Wald erfüllt von andächtiger Lautlosigkeit, die nach Moos duftete und nach Tannenharz und alten, längst vergessenen Geheimnissen.

Natürlich rankten sich Sagen und Märchen um den Schwarztann, von verwunschenen Türmen, Kobolden und Ewigen Jägern, von Quellen, die Wünsche erfüllten, und Übergängen auf die Traumfelder, durch die das Dunkelvolk herüberkam. Natürlich fanden sie nichts dergleichen, nicht einmal in seinem Traum. Was sie fanden, war durch