Suche

Das ChristentumOverlay E-Book Reader

Das Christentum

Die Geschichte einer Religion, die die Welt verändert hat - Ein SPIEGEL-Buch | Eva-Maria Schnurr

E-Book (EPUB)
2018 Deutsche Verlags-Anstalt
mit Abb.
ISBN: 978-3-641-23254-2

Rezension verfassen

€ 5,99

in den Warenkorb
  • EPUB sofort downloaden
    Downloads sind nur in Österreich möglich!
  • Als Hardcover erhältlich
Kurztext / Annotation
Die Geschichte der bedeutendsten Religion der Welt
Die Geschichte des Christentums ist auch für Nichtchristen faszinierend. Vor fast 2000 Jahren begann die Glaubensgemeinschaft als jüdische Sekte und stieg dann inmitten der antiken Götterwelt unaufhaltsam auf: erst zum römischen Staatskult, später zum meistverbreiteten Bekenntnis der Welt. Was machte das Christentum so attraktiv? Und wie konnte es, trotz aller Ketzerkämpfe und Spaltungen, den Kern seiner Heilsbotschaft bewahren? SPIEGEL-Autoren, Kirchenhistoriker und Theologen zeichnen im vorliegenden Buch den Aufstieg des Christentums zur bedeutendsten Weltreligion nach, beleuchten aber auch Irrungen, Seitenwege und Reformen. Sie porträtieren epochale Gestalten wie Augustinus, Meister Eckhart oder Dietrich Bonhoeffer und zeigen, warum das Christentum bis heute ein Hauptfaktor abendländischer Identität ist.

Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

Helden der Transzendenz

Seit Langem ist das Christentum die führende Weltreligion - trotz vieler Rangeleien um Konfessionen und Ketzer. Es liegt wohl an seiner inneren Vielfalt und der Fähigkeit, sich unentwegt selbstkritisch neu zu erfinden.

Von Johannes Saltzwedel

Der Angeklagte war gut vorbereitet. Man bezichtige ihn also, er lehne die religiösen Überzeugungen seiner Mitbürger ab? Dabei glaube er doch an dämonische Mächte. Geradezu spöttisch wies Sokrates, Athens berühmt-berüchtigter Fragekünstler, den Vorwurf der Gottlosigkeit zurück. Vergebens: Das Gericht verurteilte ihn zum Tod. Die mögliche Flucht lehnte er ab; kurz darauf trank er im Gefängnis den Schierlingsbecher.

Das war 399 v. Chr. Ziemlich genau zwei Jahrtausende später stand wieder ein angeblicher Gotteslästerer vor dem Tribunal. Giordano Bruno, ehemals Mönch, hatte gelehrt, das Universum sei unendlich und beherberge zahllose Welten. Obendrein hatte er laut seinen Anklägern die Göttlichkeit Jesu, Marias Jungfräulichkeit, die Wandlung von Brot und Wein in Leib und Blut Christi sowie die ewige Verdammnis geleugnet. Am 17. Februar 1600 wurde Bruno auf dem Campo de' Fiori in Rom verbrannt.

Beide gingen aufrecht in den Tod: Sokrates verlangte beim Schlussplädoyer gar, man solle ihn fortan wie einen Ehrenbürger im Rathaus beköstigen. Und Bruno, auch nach jahrelangen Gefängnisqualen ungebrochen, drehte den Spieß diagnostisch um: »Möglich, dass ihr mit größerer Furcht das Urteil gegen mich sprecht, als ich es annehme.«

Etwas Entscheidendes allerdings trennt die beiden Ketzer. Sokrates sah sich beschuldigt, »die Götter nicht zu glauben, welche der Staat glaubt, sondern allerlei neues Dämonisches« - Paragrafen aber konnten die Ankläger nicht zitieren. Brunos Inquisitoren hingegen folgten haarklein den kirchen- und zivilrechtlichen Handbüchern. Während der Athener Denker durchaus Chancen gehabt hätte, freigesprochen zu werden, trieben die römischen Rechtskenner ihr Opfer im Namen des dreieinigen Gottes nach allen Regeln dogmatischer Kunst in die Enge.

In der hellenischen Welt des Sokrates wohnte nach alter Ansicht jedem Stadtstaat ein übernatürliches Wesen inne, aber auch jeder Quelle und jedem Gewächs. So gut wie alles war irgendwie heilig oder göttlich. Glaube äußerte sich im Vollzug, im Ritual; alles Weitere blieb Einweihungswissen.

Zu Brunos Zeit dagegen war die kirchliche Lehre genauestens festgeschrieben. Über Jahrhunderte hatten Theologen die Prüfung dessen, was sich christlich nennen durfte, immer weiter verfeinert. Mit jemandem, der zu dieser Lehre in Widerspruch geriet, verfuhren die Wächter des Glaubens nicht zimperlich - gerade jetzt nicht: Nach erbitterten Konfessionskriegen sah sich die römische Kirche in Abwehrstellung. Von 1545 bis 1563 hatte sie im Konzil von Trient noch einmal ihren Anspruch bekräftigt, allein selig machend zu sein, auch wenn die Zweifel daran spätestens seit Luthers Reform nicht mehr verstummten.

Wie hatte es so weit kommen können? Hatte nicht das Christentum in der spirituellen Vielfalt der Spätantike als Gemeinschaft der Nächstenliebe eine klare Alternative zu den eher moralfreien Götterwelten der Römer und Griechen sein wollen? Anfangs ein Ableger des Judentums, war die neue Religion als monotheistische Heilslehre aufgetreten, die ein baldiges Endgericht Gottes erwartete und ihren Anhängern nach der Mühsal des irdischen Daseins Erlösung verhieß. Die »frohe Botschaft« (so die Übersetzung von »Evangelium«) verkündete, die Jesus-Gläubigen seien durch den Opfertod und die Auferstehung ihres Heilands von Sündenschuld gereinigt. Warum hatte dies in engstirnigen Dogmatismus und Ketzerjagd umschlagen können?

Wer das erklären will, muss die erstaunliche Entwicklung des Christentums in Rechnung stellen. Durch seinen Aufstieg zur Staatsreligion im Römischen Reich und seinen