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Erkenne dich selbst

Geschichte der Philosophie 2 | Richard David Precht

E-Book (EPUB)
2017 Goldmann
672 Seiten
ISBN: 978-3-641-18227-4

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Kurztext / Annotation
»Man kann Zeiten an ihrem Gang erkennen, wie Menschen, nicht an ihrem Lauf. Jede historische Zeit hat ihre Eigenart, ihren Rhythmus, ihr eigenes Lebensgefühl. Nicht die Fakten, sondern die politischen Ereignisse von Aufstieg und Niedergang oder die Schlagzeilen der einzelnen Tage bestimmen einen Gang.«

Im zweiten Band seiner fünfteiligen Geschichte der Philosophie entführt Richard David Precht den Leser tief in die Gedankenwelt der Renaissance und der Aufklärung. Dabei geht es wieder um die großen Fragen, die sich die Menschen durch die Jahrhunderte hindurch gestellt haben. Spannend und anschaulich vermittelt Precht die zentralen Konzepte und Ideen der abendländischen Philosophie und beleuchtet sie vor den wirtschaftlichen, sozialen und politischen Hintergründen ihrer Zeit - ein faszinierender »Ideen-Krimi«, der den Leser eintauchen lässt in die schier unerschöpfliche Fülle des Denkens!

Richard David Precht, geboren 1964, ist Philosoph, Publizist und Autor und einer der profiliertesten Intellektuellen im deutschsprachigen Raum. Er ist Honorarprofessor für Philosophie und Ästhetik an der Hochschule für Musik Hanns Eisler in Berlin. Seit seinem sensationellen Erfolg mit »Wer bin ich - und wenn ja, wie viele?« waren alle seine Bücher zu philosophischen oder gesellschaftspolitischen Themen große Bestseller und wurden in mehr als 40 Sprachen übersetzt. Seit 2012 moderiert er die Philosophiesendung »Precht« im ZDF und diskutiert zusammen mit Markus Lanz im Nr.1-Podcast »LANZ & PRECHT« im wöchentlichen Rhythmus gesellschaftliche, politische und philosophische Entwicklungen.



Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

Einleitung

Man kann Zeiten an ihrem Gang erkennen, wie Menschen, nicht an ihrem Lauf. Jede historische Zeit hat ihre Eigenart, ihren Rhythmus, ihr eigenes Lebensgefühl. Nicht die Fakten, die politischen Ereignisse von Aufstieg und Niedergang oder die Schlagzeilen der einzelnen Tage bestimmen einen Gang. Mit späterem Wissen lässt sich oft vieles deuten, das in der Zeit selbst undeutlich ist. Doch genau diese Undeutlichkeit bestimmt den Gang der Zeiten immer und in jeder Epoche, bis hin zu der unsrigen.

Viel Undeutlichkeit und Ungleichzeitigkeit kennzeichnen auch den Gang der Philosophie. Manche Gedanken aus sehr alter Zeit erscheinen uns heute wegweisend und modern; andere, die erst aus jüngeren Tagen stammen, wirken alt und blass. Und wer weiß, ob sich das Urteil über sie einst bestätigt oder ändert? Philosophiehistoriker nehmen auf diesen Wechsel der Perspektiven und Bewertungen gemeinhin allerdings wenig Rücksicht. Sie neigen dazu, ihre Geschichte immer ähnlich zu erzählen - schon aus Angst vor dem Urteil der Experten. Wie leicht kann es geschehen, dass sie ihre Stammgebiete unzureichend behandelt oder vernachlässigt sehen! Eine andere Gewichtung, eine andere Auswahl und andere Nuancen sind mit Mut und Unerschrockenheit verbunden; ein Kapital, das man lieber sehr vorsichtig einsetzt. Wie im ersten Band dieses Projekts betreffen die neuen Akzente bei mir vor allem die Sozial- und Wirtschaftsgeschichte sowie Fragen nach der Leiblichkeit und der Biologie.

Philosophiegeschichten setzen den Lauf der Dinge und die Abfolge von Menschen hintereinander. Diese Chronologie ist ein Fluss, der sein Bett kaum ändert, aber sie ist mehr Routine als Notwendigkeit. Denn Geschichte zu schreiben ist keine Wissenschaft, die eisernen Regeln folgt. Allerdings ist sie auch keine Kunst oder ein Potpourri an Meinungen. Dabei ist schon das, was Philosophie überhaupt sein soll, wie Friedrich Wilhelm Joseph Schelling in der Einleitung zu seinen Ideen zu einer Philosophie der Natur schreibt, eine philosophische Frage. Die Rolle des Philosophen und der Philosophie wechselt auch, und gerade im hier behandelten Zeitabschnitt vom 15. Jahrhundert bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts. Zwischen Cusanus und Georg Wilhelm Friedrich Hegel liegen nicht nur Zeiten, sondern Welten. Die eine ist eine Gelehrtenwelt von Eingeweihten in einer christlich-autoritären Weltordnung. Und jeder, der philosophiert, arbeitet sich auf seine Weise an dieser einen großen Ordnung ab. Die andere sieht nach Aufklärung und Revolution die hohe Zeit des Bürgertums heraufdämmern und mit ihr die Schlote der Puddelöfen, das Elend des Proletariats und die Kirche in einer gesellschaftlichen Nische.

Die bürgerliche Arbeitsteilung in der Produktion wird schließlich auch auf die Philosophen überspringen. Am Ende des 18. Jahrhunderts möchte Adam Smith sie in »verschiedene Zweige, deren jeder einer besonderen Abteilung oder Klasse von Philosophen zu tun gibt«, aufgeteilt sehen. Denn die »Arbeitsteilung« vergrößere »ebenso in der Philosophie wie in jedem anderen Beruf die Geschicklichkeit und Zeitersparnis«.1 Dass Zeit etwas ist, das man sparen sollte, wäre den Denkern der Renaissance niemals eingefallen. Uns Heutigen dagegen ist es die fixe Leitidee unseres Lebens geworden. Und dass Philosophen zu Spezialisten der geistigen Produktion werden sollten, hätte noch Hegel missfallen, auch wenn es gegenwärtig tatsächlich überall üblich ist.

Der Generalist hat es heute schwer. Zu erdrückend erscheint die Last des seither angehäuften Spezialwissens. In einer Welt der Fachgebiete und Experten kann er nur kompensieren, was als Orientierungswissen verloren gegangen ist. Und eine Philosophiegeschichte zu schreiben ist dabei eine seiner letzten Domänen. Die großen Fragen, die sich im hier behandelten Zeitabschnitt stellen, sind oft alt, und wir kennen sie schon aus dem ersten Band: Wie wirklich ist