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Der Tanz der MöweOverlay E-Book Reader

Der Tanz der Möwe

Commissario Montalbano erblickt die Wahrheit am Horizont. Roman | Andrea Camilleri

E-Book (EPUB)
2014 Bastei Lübbe
Auflage: 1. Auflage
369 Seiten; ab 16 Jahre
ISBN: 978-3-8387-5324-9

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Kurztext / Annotation

Der Todestanz einer Möwe als Vorbote düsterer Ereignisse? Leider nur zu wahr, denn kurze Zeit später ist Commissario Montalbanos Lieblingsmitarbeiter Fazio verschwunden. Als Montalbano ihn unter abenteuerlichen Umständen wiederfindet, ist die Freude nur von kurzer Dauer. Denn Fazio kann sich an nichts erinnern, auch nicht an die beiden Toten neben ihm. Montalbano weiß schon bald, dass er sich hier auf dem Terrain der Mafia befindet, und merkt zu spät, dass er eine bedeutsame Verabredung verpasst hat...



Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

Eins

Gegen halb sechs Uhr früh hielt er es nicht länger aus, mit offenen Augen im Bett zu liegen und die Decke anzustarren.

Das war wohl eine Alterserscheinung. Normalerweise legte er sich nach Mitternacht hin und las ein halbes Stündchen. Sobald ihm die Augen zufielen, klappte er das Buch zu und knipste die Nachttischlampe aus. Dann rollte er sich auf die rechte Seite, die Wange in die auf dem Kissen liegende Hand geschmiegt, schloss die Augen und schlummerte auf der Stelle ein.

Zum Glück schlief er oft bis zum Morgen durch. Manchmal aber, so wie heute, wachte er nach ein paar Stunden ohne jeden Grund auf, und dann war nichts mehr zu machen, es gelang ihm einfach nicht mehr einzuschlafen.

Einmal war er in seiner Verzweiflung aufgestanden und hatte eine halbe Flasche Whisky in sich hineingekippt in der Hoffnung, dass ihm die Augen zufallen würden. Mit dem Ergebnis, dass er am nächsten Morgen, als er ins Kommissariat kam, ordentlich einen sitzen hatte.

Er stand auf und öffnete die Verandatür.

Es versprach ein herrlicher Tag zu werden mit klaren, kräftigen Farben wie ein frisch gemaltes Bild.

Die Brandung toste allerdings stärker als gewöhnlich.

Als er hinaustrat, überkam ihn ein leichtes Frösteln. Es war Mitte November. Oft herrschte um diese Zeit des Jahres schon tiefer Winter, aber heute war es fast wie im September.

Im Laufe des Vormittags würde es sich aber wohl eintrüben. Rechts, vom Monte Russello her, zogen schon die ersten dunklen Wolken auf.

In der Küche kochte er sich einen Kaffee, und nach der ersten Tasse ging er ins Bad. Frisch geduscht und angekleidet setzte er sich mit der zweiten Tasse auf die Veranda.

»Sie sind aber früh dran heute Morgen, Commissario!«

Montalbano hob die Hand zum Gruß.

Es war Signor Puccio, der sein Boot ins Wasser schob, hineinstieg und aufs offene Meer hinausruderte.

Wie viele Jahre beobachtete Montalbano ihn nun schon bei seinen immer gleichen Bewegungen?

Dann schweifte sein Blick zu einer Möwe am Himmel.

Heutzutage sah man nur noch selten Möwen am Meer. Es war ihm ein Rätsel, warum sie in die Stadt umgesiedelt waren. Aber auch in Montelusa, zehn Kilometer von der Küste entfernt, gab es Hunderte von ihnen. Als wären sie des Meeres überdrüssig und darauf bedacht, den Wellen nur nicht zu nahe zu kommen. Was veranlasste sie, sich ihr Futter im Abfall der Städte zu suchen, statt sich frischen Fisch aus dem Wasser zu holen? Warum waren sie so tief gesunken, dass sie sich mit den Ratten um einen verfaulten Fischkopf zankten? Taten sie es aus freien Stücken, oder war die Ordnung der Natur aus den Fugen geraten?

Auf einmal legte die Möwe die Flügel an und glitt im Sturzflug auf den Strand hinunter. Was hatte sie entdeckt? Ihr Schnabel berührte fast den Boden, doch dann erhob sie sich nicht mit einer Beute wieder in die Luft, sondern sackte zu einem reglosen Häufchen Federn zusammen, die von der leichten Morgenbrise sanft bewegt wurden. Vielleicht hat jemand sie abgeschossen, überlegte der Commissario, obwohl er gar keinen Schuss gehört hatte. Aber wer kam auf die abartige Idee, eine Möwe abzuschießen? Der Vogel, dreißig Schritte von der Veranda entfernt, war mit Sicherheit tot. Doch dann, während Montalbano ihn so beobachtete, durchfuhr den Vogel plötzlich ein Zittern, und er rappelte sich hoch. Dann neigte er sich zur Seite, spreizte den Flügel, der den Sand berührte, und begann, sich um die eigene Achse zu drehen. Dabei beschrieb die Flügelspitze einen Kreis, und der Schnabel wies in einer unnatürlichen Verrenkung des Halses zum Himmel. Was war das, ein Tanz? Der Vogel tanzte und sang. Nein, es war kein Gesang, das Geräusch, das aus seiner