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Tödlicher DuftOverlay E-Book Reader

Tödlicher Duft

Ein Fall für Commissaire Campanard | René Anour

E-Book (EPUB)
2024 Heyne Verlag
400 Seiten
ISBN: 978-3-641-31127-8

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Kurztext / Annotation
Der Duft von Lavendel und Intrige
Das sonst so verschlafene Grasse ist in Aufruhr: Eric Sentir, Erfinder betörender Düfte für den renommierten Parfümeur Fragonard, wird tot aufgefunden. Seine Leiche schwimmt in einem Bottich seiner eigenen Kreation, inmitten blutroter Kamelienblüten. Und das ausgerechnet sonntags, wenn Louis Campanard sich in Ruhe seinem Lavendelgarten widmen möchte. Der erfahrene Commissaire beschließt, die Polizeipsychologin Linda Delacours aus Paris zu holen und undercover in die geheimnisvolle Welt der Duftkreation einzuschleusen. Um den Fall aufzuklären, müssen die beiden ihr ganzes Können aufwenden - und geraten dabei selbst ins Visier des Täters.

René Anour studierte Veterinärmedizin und absolvierte ein Doktorat im Bereich Pathophysiologie, wobei ihn ein Forschungsaufenthalt bis an die Harvard Medical School führte. Inzwischen ist er als Experte für neu entwickelte Medikamente für die European Medicines Agency tätig. Als Autor ist er mit Krimis und Sachbüchern erfolgreich. Für die Recherche von »Tödlicher Duft« hat er sich intensiv mit der Region um Grasse und der betörenden Welt der Parfümkreation befasst.

Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

Kapitel 3
Les Palmiers

Der Zug war nicht mit dem schnellen TGV vergleichbar, mit dem Linda vom Pariser Gare de Lyon bis nach Cannes gezischt war. Die Lokalbahn ruckelte gehörig und hielt während der kaum dreißig Minuten dauernden Fahrt von Cannes nach Grasse doppelt so oft an wie der Hochgeschwindigkeitszug zuvor. Nachdem sie Cannes mit dem strahlend blauen Meer, den mondänen Villen und Palmengärten hinter sich gelassen hatte, fuhr sie immer weiter landeinwärts in Richtung Berge.

Der Zug wackelte so heftig, dass Linda sich beim Herausfischen ihrer Einsatzunterlagen aus dem Koffer konzentrieren musste, um nicht reisekrank zu werden.

Eigentlich hatte Linda sie schon in Paris gelesen, aber sie wollte sich bei ihrem neuen Vorgesetzten, einem gewissen Louis Campanard, der sie letzte Woche persönlich angerufen hatte, keine Blöße geben.

Die Mühe hätte sie sich jedoch sparen können: Die Unterlagen verrieten nur die Eckpunkte des Falls. Und dann noch dieses Anschreiben.

Meine teure Madame Delacours,

bitte finden Sie sich am 22. Mai gegen 11 Uhr im Hotel Les Palmiers, 17 Avenue Yves Emmanuel Baudoin, ein.

In freudiger Erwartung

L. A. Campanard, Commissaire

Linda schmunzelte. Meine teure. Sie wusste nicht, wann es üblich gewesen war, eine Mitarbeiterin so zu betiteln. Vor Lindas Geburt jedenfalls, wenn überhaupt. Trotzdem, irgendwie fand sie es herzlich.

Linda legte die Unterlagen beiseite und streckte sich. Diesen Fall würde sie genauso effizient meistern wie die vielen anderen, an denen sie am forensischen Institut in Paris gearbeitet hatte. Kaum jemand dort hatte mehr Erfolge vorzuweisen als sie.

Aber dieser Jemand bist du nicht mehr, und das weißt du, flüsterte eine Stimme in ihrem Inneren. Linda merkte, wie ihre Hände zu zittern begannen. Du bist dem nicht gewachsen, du bist zu zerbrechlich geworden.

Hastig umfasste sie ihre Finger und brachte die Stimme zum Schweigen. Mit verkrampfter Miene zwang sie sich, aus dem Fenster zu sehen. Die Landschaft um sie herum wirkte ... lieblich. Als hätte man Alpen und Tropen in einen Bottich geworfen und kräftig umgerührt: bewaldete Berghänge, Gärten, in denen Palmen und Zitronenbäume wuchsen. Und immer wieder in allen Farben blühende Felder und Gewächshäuser.

Linda atmete tief durch, wodurch die Anspannung von ihr abfiel, und gähnte ausgiebig.

Vielleicht sollte sie ein wenig schlafen. Gestern war sie den ganzen Tag auf Achse gewesen, hatte ihre kleine Wohnung in Buttes-Chaumont, dem neunzehnten Pariser Arrondissement, voll möbliert an zwei Studenten vermietet und hin und her überlegt, was sie alles mitnehmen sollte. Am Ende war es doch nur ein Koffer geworden, da sie die Auffassung vertrat, dass man selbst von den Dingen, die man für absolut essenziell hielt, nur die Hälfte brauchte.

Gerade wollte sie ein wenig die Augen schließen, als sie etwas blendete. Blinzelnd erblickte sie eine kleine Stadt, die vor ihr auf einer Anhöhe aufgetaucht war und im Licht der Morgensonne leuchtete.

Grasse schmiegte sich an einen sanften Berghang. Wenn es in der Ortschaft moderne Gebäude gab, dann lagen diese irgendwo hinter den mittelalterlichen Steinbauten, die sich im Zentrum zusammendrängten und den Anblick aus der Ferne dominierten.

Zwischen den Häusern brach immer wieder üppiges Grün von terrassenartig angeordneten Gärten hervor. Einen Augenblick lang nahm das Panorama Linda gefangen. Gott, wie kitschig, hätte Ségolène, ihre beste Freundin in Paris, gestöhnt. Ségo war Anwältin, und niemandem, den Linda kannte, schien die Distanziertheit und die Geschwindigkeit der Hauptstadt mehr zu behagen. Linda hätte gelacht und ihr zugestimmt. Aber jetzt, da sie ganz allein war, musste sie sich eingestehen, dass sie den Anblick durchaus mochte.

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