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Das Grab der JungfrauOverlay E-Book Reader

Das Grab der Jungfrau

Kriminalroman | Stefan Lahr

E-Book (EPUB)
2020 C.H.Beck
Auflage: 1. Auflage
400 Seiten; mit 2 Karten und 2 Abbildungen
ISBN: 978-3-406-75659-7

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Kurztext / Annotation
Rom könnte in diesem Frühjahr so schön sein - sonnig, turbulent, sogar inspiriert vom Geist des herannahenden Konzils. Doch leider haben Wissenschaftler, Bibliothekare der Vatikanischen Bibliothek, die Hohe Geistlichkeit, Polizei und Mafia von einem einzigartigen Papyrus aus der Frühzeit des Christentums erfahren. Sein Besitz verheißt Ruhm und Reichtum, stellt aber zugleich fundamentale Glaubenssätze in Frage.
Zunächst sind alle Beteiligten bemüht, sich das wertvolle Schriftstück unauffällig zu beschaffen. Dann aber kommt es zu einem Zwischenfall, der jeden Versuch, die Angelegenheit diskret zu lösen, Makulatur werden lässt - der geheimnisvolle Papyrus verschwindet. Als Commissario Bariello von der römischen Polizei und Monsignor Montebello aus der Vatikanischen Bibliothek gemeinsam versuchen, das jahrtausendealte Dokument wieder aufzutreiben, entbrennt eine mörderische Konkurrenz um das Wissen, das der Papyrus birgt. Aber in dem ausbrechenden Chaos scheint es jemanden zu geben, der alle Fäden in der Hand hält und weder Tod noch Teufel scheut ...

Stefan von der Lahr, geboren 1958, ist promovierter Althistoriker und arbeitet seit über einem Vierteljahrhundert als Lektor im Verlag C.H.Beck. 2015 erschien sein Kriminalroman "Das Grab der Jungfrau".

Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

Kapitel 1 - Der Besucher

Das erste warme Frühlingswochenende hatte auch die hartgesottensten Wissenschaftler der Universität Berkeley nach San Francisco Downtown oder ans Meer gelockt. Auf dem sonst so lebendigen Campus war es still geworden. Das tagsüber in leuchtendem Weiß erstrahlende Gebäude der Bancroft Library lag im Dunkeln. Nur oben, im Center for the Tebtunis Papyri, brannte noch Licht. Dort genoss Professor Cyrill Knightley - mit seinen fünfundsiebzig Jahren der Nestor der amerikanischen Papyrologie - einen der seltenen Momente der Ruhe in seinem Institut. Er hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, samstagabends, wenn alle Mitarbeiter längst das Haus verlassen hatten, noch einmal die Handschriftenfragmente durchzusehen, die im Laufe einer Woche aus dem Labor gekommen waren. So bemerkte er nicht, wie die Tür zu seinem Arbeitszimmer sacht geöffnet und, nachdem ein kleiner Leinensack hineingeschoben worden war, wieder geschlossen wurde. Es dauerte nicht lange, bis Bewegung in den Beutel kam. Im nächsten Augenblick schob sich der Kopf einer Texas-Klapperschlange aus der Öffnung, und gleich darauf folgte ihr graugelber Körper. Auf dem warmen Parkett rollte sich das Reptil behaglich zusammen, und nur ab und zu, wenn es seine Lage etwas veränderte, war das leise Scheuern seiner Schuppen zu vernehmen - viel zu leise, um die Konzentration des alten Gelehrten zu stören. Knightley setzte die Brille ab und massierte seine Nasenwurzel. Energisch schob er den Bürostuhl zurück, der ein kurzes Stück über den Boden rollte. Im selben Moment ließ die Schlange die Hornrassel an ihrem Schwanzende klirren. Der Wissenschaftler fuhr herum, und mit einem Schrei sprang er auf. Die Schlange kroch auf ihn zu. Ohne sie aus den Augen zu lassen, wich der Mann vor ihr zurück. Aber es gelang ihm nicht, den Abstand zwischen sich und dem Reptil zu vergrößern. Mit zwei, drei hastigen Schritten versuchte er, die Tür zu erreichen - doch irgendjemand hatte sie abgeschlossen. Mit seinen Fäusten hämmerte er gegen das Holz. Der Körper der Schlange spannte sich wie eine Uhrfeder.

«NEIN! HILFE!»

In diesem Augenblick stieß sie zu - und Cyrill Knightley starb, noch bevor sein massiger Körper auf dem Boden aufschlug. Die Schlange aber hatte nicht einmal die Haut ihres Opfers geritzt. Man hatte ihr die Giftzähne herausgebrochen. Nach und nach verklang das Rasseln ihrer Hornklappern. Bald darauf öffnete sich wieder die Tür, bis sie an den Leichnam stieß und dann mit sanfter Gewalt aufgeschoben wurde. Eine schlanke Gestalt stieg über den Toten hinweg. Feingliedrige Hände in langen Handschuhen packten die Klapperschlange im Genick und schoben sie wieder in den Leinenbeutel.

Am Montag betrat Sarah Milling als Erste das Center, wo sie als Hilfskraft arbeitete und die Morgenstunden nutzte, um an ihrer Dissertation zu schreiben. Im Flur empfing sie ein muffiger Geruch. Wahrscheinlich hatte übers Wochenende wieder niemand gelüftet! Dann sah sie, dass durch einen Türspalt zum Büro des Direktors ein Lichtstreifen in den Gang fiel. Wie alle im Institut mochte sie Cyrill Knightley und freute sich darauf, für ein paar Minuten ganz allein mit ihm plaudern zu können.

«Guten Morgen, Professor! Schon _eißig?»

Schwungvoll öffnete sie die Tür. - Ihr Schrei war noch im Erdgeschoss zu hören. In der Wärme war die Leiche aufgedunsen, und aus dem entstellten Gesicht starrten die junge Frau zwei weit aufgerissene Augen an. Sarah stürzte zum Ausgang. Im letzten Moment bog sie ins Sekretariat ab, wo ein Telefon stand.

Zehn Minuten später standen zwei Streifenwagen vor der Bibliothek, und kurz darauf traf Detective Frank Cunningham ein. Nach und nach erschienen auch die Angestellten des Centers. Die heitere Gelassenheit, die üblicherweise den Alltag im Hause bestimmte, war bald Bestürzung und Trauer gewichen. Nachdem Cunningham sich am Fundort des Toten