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Armageddon im OrientOverlay E-Book Reader

Armageddon im Orient

Wie die Saudi-Connection den Iran ins Visier nimmt | Michael Lüders

E-Book (EPUB)
2019 C.H.Beck
Auflage: 3. Auflage
277 Seiten; mit 1 Karte
ISBN: 978-3-406-74510-2

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€ 10,99

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Kurztext / Annotation
Das Atomabkommen mit dem Iran ist Geschichte: Die Zeichen stehen auf Sturm. Warum aber haben die USA es aufgekündigt, gegen den erklärten Willen der Europäer? Obwohl sich Teheran an alle Verpflichtungen hält? Worum geht es in diesem Konflikt? Um die Eindämmung eines 'Schurkenstaats' oder aber die Vorherrschaft in der Region? Gewohnt anschaulich erklärt Michael Lüders die Hintergründe und macht deutlich: Ein Angriff auf den Iran hätte kein westlich orientiertes Regime in Teheran zur Folge, sondern Armageddon im Orient - mit katastrophalen Folgen auch für uns in Europa.
Der Orient kommt nicht zur Ruhe. Während die Kämpfe vor allem in Syrien andauern, nehmen Präsident Trump und seine Verbündeten den Iran ins Visier. Dahinter steht auch ein Machtkampf zwischen Riad, Tel Aviv und Teheran, der in die ganze Region ausstrahlt und sich der gewohnten Einteilung in «Gut» und «Böse» entzieht. Denn Saudi-Arabien führt im Jemen einen brutalen Bombenkrieg mit entsetzlichen Folgen für die Zivilbevölkerung. Michael Lüders beleuchtet die Hintergründe und macht deutlich, warum Washington einseitig Partei ergreift. Ein Blick hinter die Kulissen, der enthüllt, was leider nur allzu selten in der Zeitung steht.


Michael Lüders war lange Jahre Nahost-Korrespondent der Hamburger Wochenzeitung DIE ZEIT. Als Nahostexperte ist er häufiger Gast in Hörfunk und Fernsehen.


Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

Treibsand: Unter Gläubigen

Nicht Religion trennt Sunniten und Schiiten, sondern Machtpolitik

Unsere Geschichte beginnt im 18. Jahrhundert auf der arabischen Halbinsel, einer der unwirtlichsten Regionen der Erde. Im Sommer wird es dort bis zu 50 Grad heiß, während die Temperaturen nachts bis auf den Gefrierpunkt fallen. Seit der Zeit des Propheten Mohammed, des islamischen Religionsstifters, hatten sich die Lebensformen kaum verändert. Die meisten Menschen lebten entweder als Bauern in weit verstreut liegenden Oasen oder waren nomadische Viehzüchter. Deren wichtigstes Nutztier war das Kamel, das nötigenfalls tage- und sogar wochenlang ohne Wasser auskommt. Kamele dienten nicht allein als Transportmittel, sie waren gleichermaßen ein bedeutendes Handelsgut, auch in die Nachbarländer, ebenso wie ihre Wolle, Butter, Felle. Neben Kamelen wurden vorzugsweise Rassepferde exportiert. Das einzige «urbane Zentrum» jener Zeit, auf dem Gebiet des heutigen Saudi-Arabiens, war die Pilger- und Handelsstadt Mekka, strategisch günstig an der Schnittstelle mehrerer Karawanenstraßen gelegen. In der damaligen Wahrnehmung gab es kaum einen Unterschied zwischen «Stadt» und «größerer Oasensiedlung». Dabei handelte es sich meist um dörfliche Ansammlungen von Lehmhäusern mit Stroh- oder Palmwedel-Dächern, oft von einer Stadtmauer umgeben, ebenfalls aus Lehm. Die soziale Organisationsform war in erster Linie die Großfamilie, der Clan, und der Stamm, der Zusammenschluss größerer Sippschaften.

Die vorherrschende Subsistenzlandwirtschaft, die auf sehr einfachen, primitiven Anbaumethoden hauptsächlich rund um die Palme als Dattel-Lieferant beruhte, ferner die feindliche Natur, begrenzte Handelsbeziehungen der Oasen untereinander, Stammesrivalitäten - sie erklären wesentlich, warum das Arabien jener Zeit keine zentrale Staatlichkeit kannte. Das auf der gegenüberliegenden Seite des Roten Meeres gelegene Ägypten hatte dagegen schon vor 5000 Jahren eine Hochkultur begründet. Deren Ursprünge ergaben sich aus der Notwendigkeit, das Nilwasser möglichst effizient und gerecht zu verteilen. Dementsprechend lag die Macht in Händen des gottgleichen Pharaos. Arabien jedoch, eines der rückständigsten Gebiete im Orient, lebte bis zum Beginn der Erdölförderung in den 1930er Jahren in wirtschaftlicher, sozialer und politischer Hinsicht im frühen Mittelalter. Mangels Zentralstaatlichkeit gab es auch keine Sicherheit: Mit Vorliebe überfielen verfeindete Beduinenstämme einander oder sie raubten Karawanenzüge aus. Diese Überfälle, arabisch ghazzu (unser Wort Razzia leitet sich davon ab), galten als legitimer und angesehener Erwerbszweig, als Ausdruck von Mannestum. In der Regel verfolgten sie nicht das Ziel, den Gegner zu töten, sondern ihn auszurauben. Das Ergebnis war allerdings oft genug dasselbe, denn die Opfer, vielfach Oasenbewohner, starben anschließend häufig den Hungertod.

Wer den Film «Lawrence von Arabien» gesehen hat oder einmal als Tourist in Jordanien war, kennt das Wadi Rum im Süden, unweit der Nabatäer-Stadt Petra. Diese Wadis, Trockentäler, enthalten vielfach unterirdische Wasserläufe, aus denen sich die Oasen speisen. Regenfälle sind selten, doch wenn sie erfolgen, gehen sie meist als Sturzregen nieder. Innerhalb kürzester Zeit füllen sich dann die Wadis mit gewaltigen Wassermassen, die alles mit sich reißen, auch ganze Oasensiedlungen. Wadis durchziehen Arabien wie Lebensadern, sie sind Heimat der größten Stämme und Herrscherdynastien. So auch das Wadi Hanifa mit der heutigen Hauptstadt Riad, Heimat und Wiege des Wahhabismus wie auch der Dynastie der Al Saud, nach denen Saudi-Arabien benannt ist. (Das «Al» bezeichnet hier nicht den arabischen Artikel, sondern bedeutet Stamm, Clan, gesprochen mit langem A: Aal. Etymologisch eine Ableitung von «ill», was Pakt und Treuebündnis ebenso bedeutet wie Blutsverwandtschaft.) Das Wadi Hanifa liegt