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Die WolkeOverlay E-Book Reader

Die Wolke

Gudrun Pausewang

E-Book (EPUB)
2011 Ravensburger Buchverlag
Auflage: 3. Aufl.
224 Seiten; ab 14 Jahre
ISBN: 978-3-473-38451-8

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Kurztext / Annotation
WENN DIE ÄNGSTE UNSERER ZEIT WAHR WERDEN Eine todbringende Wolke über Deutschland. Was niemand wahrhaben wollte, passiert: Deutschland erlebt einen Super-GAU. Die 14-jährige Janna-Berta verliert ihre Familie und landet selbst im Lazarett. 'Am 26. April 1986 flog ein Reaktorblock der Atomreaktoranlage in Tschernobyl (Ukraine) aufgrund menschlichen Versagens in die Luft. Die freigesetzten radioaktiven Stoffe breiteten sich nach der Katastrophe in weiten Teilen Europas aus, auch in Deutschland. Noch fünf Minuten vor der ersten Tschernobyl-Katastrophenmeldung dachte ich nicht im Traum daran, ein Buch zu schreiben über die Gefahr, die von Kernreaktoren ausgeht. Doch bald begann ich den Roman 'Die Wolke', der auf die Gefahr einer Reaktorkatastrophe mitten in unserer dicht besiedelten Bundesrepublik hinweist. Das Buch erzählt die Geschichte eines Mädchens, das nach dem Super-GAU seine Familie verliert und ums eigene Überleben kämpft.' Gudrun Pausewang Die Autorin erhielt 2017 den Sonderpreis des Deutschen Jugendliteraturpreises für ihr schriftstellerisches Gesamtwerk. Gudrun Pausewangs Jugendbuch-Klassiker und Gewinner des Deutschen Jugendbuchpreises DIE WOLKE hat in Anbetracht der Katastrophe von Fukushima / Japan auch heute noch nichts von seiner Aktualität verloren. Eine tragische Geschichte, die vor allem Mahnmal an unsere Gesellschaft ist.

Gudrun Pausewang wurde 1928 als das älteste von sechs Kindern in Wichstadtl (Ostböhmen) geboren. Ihr Vater kam 1943 in Russland um und ihre Mutter musste nach Kriegsende mit den sechs Kindern in den Westen fliehen. Gudrun Pausewang hat - neben Romanen für Erwachsene - zahlreiche Kinder- und Jugendbücher veröffentlicht, in denen sich ihre Erfahrungen und die Betroffenheit über die Armut in Südamerika, das Schicksal von Flüchtlingen und über die atomare Bedrohung niederschlagen. Sie engagierte sich in ihren Büchern für den Frieden, die Umwelt und soziale Gerechtigkeit sowie für die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus und dem Dritten Reich. Für ihr Werk wurde sie mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis, dem Bundesverdienstkreuz und dem Großen Preis der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur. 2017 erhielt sie für ihr Gesamtwerk den Sonderpreis des Deutschen Jugendliteraturpreises. Am 23. Januar 2020 verstarb Gudrun Pausewang.

Langtext
Was niemand wahrhaben wollte, passiert: Deutschland erlebt einen Supergau. Die 14-jährige Janna-Berta verliert ihre Familie und landet selbst im Lazarett.

Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

Kapitel 1

An diesem Freitagmorgen wehte eine starke Brise. Wenn Janna-Berta aus dem Fenster schaute, sah sie die jungen Birkenblätter in der Sonne glitzern. Die Schatten der Zweige zitterten auf dem Asphalt des Schulhofs. Über die Pavillondächer schneite es Kirschblütenblätter. Der Himmel war tiefblau. Nur vereinzelte Wolken, weiß und leicht wie Watte, trieben über ihn hin. Für einen Maimorgen war es außergewöhnlich warm. Die Sicht war klar.

Plötzlich heulte die Sirene. Herr Benzig brach seinen Kommentar zur neuen Französisch-Lektion mitten im Satz ab und warf einen Blick auf seine Armbanduhr.

»Neun vor elf«, sagte er. »Komische Zeit für einen Probealarm. Es stand auch nichts davon in der Zeitung.«

»Das ist ABC-Alarm!«, rief Elmar, der Klassenbeste.

»Wahrscheinlich stand's doch wo, und ich hab's nur übersehen«, sagte Herr Benzig. »Machen wir weiter.«

Aber kaum hatte er sich wieder in die Lektion vertieft, knackte es im Lautsprecher. Alle blickten zu dem kleinen Quadrat über der Tür. Nicht die Sekretärin sprach, sondern der Direktor.

»Soeben wurde ABC-Alarm gegeben. Der Unterricht schließt ab sofort. Alle Schüler begeben sich auf schnellstem Weg nach Hause.«

Es folgten ein paar Sätze, die in wildem Lärm untergingen. Alle rannten zu den Fenstern und spähten hinaus.

»Verstehst du, was das soll?«, fragte Meike, Janna-Bertas Freundin.

Janna-Berta schüttelte den Kopf. Sie spürte, wie ihr die Hände kalt wurden. Irgendetwas war geschehen. Aber was? Sie dachte an Uli, ihren kleinen Bruder.

»Geht nach Hause«, sagte Herr Benzig.

Vom Korridor drang Lärm herein: aufgeregtes Geschrei, eilige Schritte, Türenschlagen.

»Was ist denn überhaupt los?«, rief Janna-Berta.

Herr Benzig hob die Schultern.

»Ich weiß nicht mehr als ihr«, sagte er. »Bitte geht jetzt. Lauft so schnell ihr könnt! Aber behaltet einen klaren Kopf.«

»Soll wahrscheinlich eine besonders lebensnahe Katastrophenübung sein«, sagte Elmar und packte scheinbar seelenruhig seine Tasche. Aber Herr Benzig schüttelte den Kopf.

»Davon hätte ich gewusst«, sagte er.

Dann riss einer die Tür auf und rannte hinaus. Die anderen stürmten ihm nach. Im Gang gab es ein wildes Gedränge. Ein paar Schüler versuchten, sich gegen den Strom durchzukämpfen. Unter ihnen erkannte Janna-Berta Ingrid aus der Parallelklasse. Ingrid wohnte in der Rhön. Janna-Berta war in den Pausen oft mit ihr zusammen.

»Jetzt geht doch kein Bus nach Uttrichshausen!«, rief sie Janna-Berta zu. »Erst in anderthalb Stunden. Ich ruf daheim an, die sollen mich holen.«

Aber auch vor dem Sekretariat drängten sie sich schon. Es würde lange dauern, bis Ingrid telefonieren konnte. Janna-Berta wollte bei ihr stehen bleiben, kam aber nicht gegen den Strom an, der zur Treppe drängte. Sie hielt sich an Meikes Arm fest, während sie Stufe um Stufe hinabgeschoben wurde. Der Lärm nahm zu. Unten, in der Pausenhalle vor dem Ausgang, schrie jemand: »Grafenrheinfeld! Alarm in Grafenrheinfeld!«

Janna-Berta versuchte sich zu erinnern: Grafenrheinfeld- war da nicht ein Kernkraftwerk?

Als sie das Schulgebäude verließ, hasteten ein paar Knirpse, Fünftklässler, an ihr vorbei. Ohne nach rechts und links zu sehen, liefen sie über die Straße. Reifen quietschten. Ein Autofahrer hupte wild und schimpfte hinter den Kindern her. Offensichtlich wusste er noch nichts.

Vor dem Zebrastreifen blieb Janna-Berta unschlüssig stehen.

»Ich hab jetzt auch keinen Bus«, sagte sie.

»Komm doch erst mal mit zu mir«, schlug Meike vor.