Rezensionen

Wachtraum
 

Brigitte Thaler


Wachtraum

Fritzi, die während des Zweiten Weltkrieges nach England fliehen konnte, verlor ihre Familie in den Gaskammern des Naziregimes. Als sie wieder nach Wien zurückkehrt, gründet sie eine Familie und kommt trotz ihres Lebensmuts nicht über die Trauer hinweg. Ihre Tochter Lea wird Historikerin aufgrund des Schicksals ihrer jüdischen Familie. Ihre drei Kinder scheinen ihr Halt zu geben, doch die Ereignisse im Sommer 2015 brechen auch über ihre Familie herein. Meisterhaft gelingt es der Autorin, die Parallelen der Geschehnisse des Zweiten Weltkrieges mit den Flüchtlingsschicksalen unserer Zeit aufzudecken. Facettenreich zeichnet sie die Protagonistinnen Fritzi und Lea. Wirkich ein sehr gelungener Roman - manchmal humorig, aber auch zutiest traurig und absolut nachvollziehbar!

Barbara Kumpitsch


Wachtraum

Das Thema Krieg und Flüchtlinge muss weiterhin angesprochen werden . Die Geschichte lehrt dauernd, aber sie findet keine Schüler, meinte schon Ingeborg Bachmann. Susanne Scholl war lange genug als ORF-Korrespondentin tätig, um zu wissen, dass die Verzweiflung des Krieges uns immer wieder einholen kann. Fritzi geht blauäugig durchs Leben, wie ein Zirkuspferd. Nach außen hin immer strahlend und glücklich, innen sieht es aber ganz anders aus. Ihre Tochter Lea, die Geschichte studiert, findet nach und nach heraus, wieso Fritzi, die im Krieg viel verloren hat, lieber ein glückliches Leben vortäuscht als über die schrecklichen Ereignisse zu reden. Lea hat Träume über Ereignisse, die sie nicht selbst erlebt haben kann. Und ihre Kinder kann sie nicht vor den Terroranschlägen und vor den Schicksalen der Flüchtlinge beschützen. Die Geschichte wiederholt sich! In kurzen aber dichten Sätzen packt Susanne Scholl ein ganzes Jahrhundert Geschichte. Meiner Meinung nach hat sie in ihrem Roman einen Weg gefunden, die bestehende europäische Sinnkrise auf den Punkt zu bringen.